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Kurztrip Libanon
Text und Fotos: Eckart Winkler, Bad Nauheim, http://www.eckart-winkler.de
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Allgemeine und touristische Informationen zu Libanon

 

Seltene Zedern - Tripoli - Antikes Byblos - Gigantische Jeita-Grotten - Hauptstadt Beirut - Gebirgsort Deir el Kamar - Palast von Beiteddin - Zahleh - Römische Tempel in Baalbek - Omayyadenstadt Anjar

Reisedaten
Datum der ReiseAugust 1998
Dauer4 Tage
Bericht online seitMai 1999
Aktualisiert am03.01.2013


Erster Tag: Einreise, die Zedern

Wir betreten den Libanon am frühen Nachmittag von Norden. Ein Land, jahrelang verschlossen durch den Bürgerkrieg, jetzt geöffnet für den Tourismus. Skifahren am Morgen und Baden am Nachmittag, das kann man hier im Frühjahr. Bislang kein besonders zugkräftiges Argument.

An der Grenze die erste Überraschung: Das Visum muß in US-Dollars bezahlt werden, 20 an der Zahl. Das Vertrauen in die eigene Währung (LL=Libanesische Lira) scheint nicht besonders groß zu sein. Trotzdem erstehen wir auch von dieser ein paar Scheine, im Land wird man ja wohl damit bezahlen können.

Der Libanon ist klein. Noch dazu besteht er im wesentlichen aus einem schmalen, übervölkerten Küstenstreifen und dem eher unwirtlichen Libanongebirge, das sich bis auf Höhen von mehr als 3000 m schraubt. Und dieses Gebirge ist unser erstes Ziel.
Die Zedern
Der Zedernhain in der Nähe von Becharré

Höher und höher windet sich der Bus die Serpentinen entlang. Grandios der Blick in die Qadisha-Schlucht. In Becharré fühlen wir uns plötzlich wie in einem Schweizer Nobel-Skiort. Restaurants, Nachtclubs, Souvenirläden: Das hätten wir hier nicht erwartet. Und jede Menge Villen. Hier macht der reiche Libanese Urlaub.

Und dann, in mehr als 2100 m Höhe: Der Zedernhain. 5000 Jahre ist es wohl her, da das gesamte Gebirge von Zypressen, Eichen und vor allem Zedern bedeckt war. In der Bibel ist die Zeder erwähnt, und noch heute ist sie auf der Flagge Libanons zu sehen. Doch bereits zu biblischer Zeit begann die intensive Nutzung des Holzes, und heute ist die Libanon-Zeder bis auf einige kleine Haine so gut wie ausgestorben.

Der berühmteste ist der, in dem wir für eine geringe Gebühr nun wandeln dürfen, der von Becharré. Aus 375 Bäumen besteht er, und vier von ihnen sind mehr als 1000 Jahre alt.

Abwärts geht es wieder. Im Abendlicht macht die Berglandschaft einen noch imposanteren Eindruck, man mag den Finger gar nicht mehr vom Auslöser nehmen. Bei einbrechender Dunkelheit kommen wir im Hotel in Tripoli an. Die Zimmer sind angenehm und sehr geräumig, jedoch ist das Haus nur bis zum ersten Stock fertig. Oben wird weitergebaut, sowie sich mehr Touristen anmelden.

Restaurants sind hier nicht so häufig. Wir landen bei Pizza und Bier. Auf den Tisch stellt man uns unverlangt eine Flasche Ketchup, mit Arabien hat das nichts zu tun. Die Tür ziert ein Visacard-Klebebild, auf Nachfrage ist dennoch Barzahlung erwünscht. Ein durchaus übliches Verfahren im Lande.


Zweiter Tag: Von Tripoli nach Beirut

Bei Öffnung um 9 Uhr sind wir im Suq (oder Souk, arabisches Wort für Basar) von Tripoli. Keine Teppiche gibt es hier, keine Silberschmiede und keine Keramik. Stattdessen T-Shirts mit Lady Di und Jürgen Klinsmann als Motiv. Und die Libanesen laufen im deutschen Nationaltrikot und mit Badeschlappen herum. Kirchen und Moscheen sind im Einheitsstil erbaut, in kurzer Zeit nach Beendigung des Bürgerkriegs hochgezogen. Ein vergeblicher Versuch, die Zerstörungen vergessen zu machen. Eine schöne Stadt ist Tripoli nicht. Einzig die Zitadelle und die Große Moschee kann man als Sehenswürdigkeiten gelten lassen.
Mercedes mit D-Kennzeichen
Die Herkunft ist unverkennbar: Mercedes mit D-Kennzeichen

Ganz anders Byblos, unsere nächste Station. Ein nettes Urlaubsstädtchen mit einer Kreuzfahrerfestung und römischen Ausgrabungen. Auffallend die vielen alten Mercedes-Limousinen, nach Erreichen des Verfallsdatums aus Deutschland importiert. Niemand macht sich jedoch die Mühe, die D-Nationalitäten-Kennzeichen zu entfernen. Immerhin haben sie alle auch arabische Nummernschilder.

Der Strand ist ein Kies-Strand, Christen und Moslems lassen sich hier jedenfalls nicht anhand der Badekleidung unterscheiden. Wir kaufen am Kiosk eine Cola und lassen uns unter einem Sonnenschirm nieder. Kaum sitzen wir, werden wir schon angesprochen. Abdul war auch schon in Deutschland, kennt Frankfurt. Welch ein Zufall!

Die Jeita-Grotten liegen etwa 20 km nordöstlich von Beirut. Beim Betreten denkt man eher an einen Disney-Park als an eine Tropfsteinhöhle, dafür kostet das Betreten auch 10 Euro. Im Park bewegt man sich dann auch meist per Seilbahn. Die untere Höhle wird mit dem Boot erkundet und bezieht ihren Charme eigentlich nur von dieser Tatsache. Die obere Höhle hingegen ist ein echtes Highlight: Staunen über Staunen. Eine solche Vielzahl an Stalagtiten und Stalagmiten haben wir noch nicht gesehen. Ein Raum phantastischer als der andere.

Weiter geht es an der Küste entlang. Diese Gegend ist nun gar nicht mehr schön. Total verbaut, es sind keine gewachsenen Ortschaften zu erkennen. Ein einziges Straßengewirr und ständig dieselbe Art Hochhäuser. Auf einen Architekturpreis hat man es hier bestimmt nicht abgesehen!

Irgendwann sind wir dann in Beirut. Was zieht uns hierher? Sicher nicht die Schönheit der Stadt, die es wohl früher gegeben hat, die aber nun nur noch Legende ist. Wir wollen einfach die Stadt sehen, die jahrelang Dauergast in der Tagesschau war. Mehr das Ansinnen eines Entdeckers ist es: Wie hat sich Beirut mittlerweile entwickelt, da es nun schon eine geraume Zeit aus den Schlagzeilen heraus ist?


Dritter Tag: Von Beirut nach Zahleh
Beirut
So schlimm sehen zum Glück nicht alle aus:
Beschädigte Häuser in Beirut

Wir erkunden Beirut. Die Hamra Street ist eine Geschäftsstraße, wie man sie aus anderen Großstädten kennt. Moderne Läden, das Warenangebot ist groß. Nur in die Hinterhöfe darf man nicht blicken. Zwischendurch hochmoderne Büro- und Bankgebäude mit Spiegelfassade. Die Hochfinanz läßt grüßen.

Bei Verlassen der Geschäftszone ändert sich das Bild. Halbzerfallene Häuser mit Einschußlöchern aus dem Bürgerkrieg. Freie Plätze, wo die Gebäudesubstanz nicht mehr zu retten war. Und überall wird gebaut. Auf daß die nächste Spiegelfassade entstehe. Der Märtyrerplatz, auf jeder zweiten Postkarte zu sehen, ist eine riesige Baustelle. Die Menschen nehmen das alles gelassen. Kein Wunder: Ihre Stadt wird ja von Tag zu Tag neuer und moderner.



Vor der Weiterfahrt noch ein kurzer Stop bei den Taubeninseln, zwei kleinen vorgelagerten steilen Felsen im Meer. Hier stimmt die malerische Realität noch mit den Postkarten überein.
Die Taubeninseln
Die Idylle hat den Krieg überlebt: Die Taubeninseln
vor der Küste Beiruts

Wir verlassen die Küste, es treibt uns wieder ins Gebirge. Diesmal nicht ganz so hoch, trotzdem ist die Landschaft wieder phantastisch. Erste Station ist Deir el Kamar, ein Dorf des gehobenen Standards. Hier wohnt, wer es sich leisten kann, und das sind nicht viele.

Beiteddin, ein Palast aus dem 18. Jhdt. war Sommersitz der libanesischen Präsidenten bis in die achtziger Jahre. Ein kleines, informatives Museum ist dem Drusenführer und Politiker Kamal Dschumblatt gewidmet. Vom Feinsten die Architektur: Harem, Bäder, Empfangsraum, Privatgemächer des Emirs. Gut kann man sich ein Leben im Springbrunnen-geschmückten Innenhof vorstellen. In den ehemaligen Pferdeställen ist eine ausgedehnte Sammlung von byzantinischen Mosaiken aus dem 5. und 6. Jhdt. untergebracht.
Beiteddin
Tor zum Palast von Beiteddin

Unser Hotel für diese Nacht liegt in einem Vorort von Zahleh. In der Nähe befindet sich das angebliche Grab von Noah: 42 m lang und 2.5 m breit. Es heißt, er sei mit angezogenen Knien begraben worden. Eine nette Legende. Unser Wirt versucht, seine Hühner via Abendessen unters Volk zu bringen. Nun gut, wir haben ein Einsehen. Immerhin, wir werden nicht enttäuscht. Nur der Preis ist wieder einmal utopisch.


Vierter Tag: Baalbek und Anjar
Jupitertempel in Baalbek
Nicht mehr ganz vollständig:
Der Jupitertempel in Baalbek

Es geht die Bekaa-Ebene entlang. Wieder eine Gegend, die wir aus der Tagesschau kennen. Hier ist offenbar die Vergangenheit noch nicht vorbei: Jeden Kilometer stoppt der Bus, wir passieren einen Kontrollposten. Abwechselnd wachen hier syrische und libanesische Soldaten.

Kultureller Höhepunkt des Libanon ist zweifellos Baalbek. Die römischen Bauten sind sehr gut erhalten. Bereits die Propyläen (Eingangstorbau) zeigt die Monumentalität der Anlage. Weiter gelangt man über den hexagonalen Vorhof und den Großen Hof zum Jupitertempel, von dem nur noch die charakteristischen sechs Säulen stehen. Etwas unterhalb der Bacchustempel, dem eigentlich nur das Dach und die Säulen der Südseite fehlen.

Dann die letzte finanzielle Episode: Um während der letzten Stunden nicht hungern und dürsten zu müssen, möchte ich einen Zwanzigmarkschein umtauschen (wir befinden uns ja noch in der Vor-Euro-Zeit). Kein Problem, die Bank befindet sich in der Nähe. Dort dann die Überraschung: DM-Noten werden generell nicht angenommen. Ein netter Herr hilft mir. Er führt mich zu einer Wechselstube in der Innenstadt. Die nehmen deutsche Mark. Der Wechselkurs ist nicht der beste, aber immerhin. Ich will mich bei meinem Retter bedanken, aber da ist er schon weg.
Anjar
Hier läßt es sich leben: Der Palast des Kalifen in Anjar

Auf demselben Weg durch die Bekaa-Ebene fahren wir zurück. Anjar heißt die letzte Station kurz vor der Grenze. Die Stadt wurde von einem omayyadischen Kalifen im 8. Jhdt. errichtet. Typisch das gestreifte Design der Gebäude durch abwechselnde Verwendung verschiedenfarbiger Ziegel.

An der Grenze stehen wir diesmal etwas länger. Nach einer Dreiviertelstunde verlassen wir das Land in Richtung Damaskus.


Hinweise

Buchen ließ sich eine solche Tour früher von Damaskus/Syrien aus. Es gab auch eine ganze Reihe von Syrien-Rundreisen, die einen Abstecher dieser Art im Programm hatten.

Im Moment ist das aufgrund des Bürgerkriegs in Syrien natürlich nicht möglich. Eventuell ist es aber möglich, eine Libanon-Tour mit einem Zypern-Aufenthalt zu verbinden. An manchen Urlaubsorten Zyperns werden entsprechende Touren angeboten.

Eine andere Möglichkeit, den Libanon auch in diesen unsicheren Zeiten zu besuchen, ist eine Kreuzfahrt. Im Libanon wird normalerweise in der Hauptstadt Beirut angelegt. Im Rahmen von Tagesausflügen sind dann - je nach aktueller Lage - Besuche von einigen der hier erwähnten Ziele möglich, so etwa das Libanon-Gebirge, Baalbek, Byblos und natürlich Beirut selbst. Trotzdem muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden, ob er die Reise dorthin antreten oder lieber auf ruhigere Zeiten warten will.

 

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