Die Literaturseite von Eckart Winkler
Interview mit Herrn Dr.K zur Wiederwahl von George W.Bush

 

Frage: Herr Dr.K., in dieser Woche ist George W.Bush zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika wiedergewählt worden. Was bedeutet das für Sie, was bedeutet das für die Welt?

Herr Dr.K: Na ja, für mich persönlich bedeutet das hoffentlich nicht so viel. Aber so war die Frage ja sicher nicht gemeint. Aber im Ernst: Ich halte das für eine Katastrophe.

Frage: Für Sie und die Welt?

Herr Dr.K: Wenn Sie so wollen, von mir aus. Aber betrachten wir das mal im einzelnen. Die letzten vier Jahre unter Bush waren geprägt von seinem Kampf gegen den Terrorismus. Oft hatte man den Eindruck, es gäbe überhaupt nur dieses eine Thema.

Frage: Im Hinblick auf die Anschläge vom 11.September 2001 doch verständlich.

Herr Dr.K: Ja und nein. Herr Bush versteht sich als Heilsbringer, als Messias. Als einziger auf der Welt, der den internationalen Terrorismus besiegen kann. Dabei tut er nichts, als einfach nur draufzuhauen.

Frage: Das ist seine Philosophie.

Herr Dr.K: Betrachtet man es mal nüchtern, hat in den vier Jahren seiner Präsidentschaft die Terrorismus-Gefahr dramatisch zugenommen. Ich schreibe das ihm und seinen "Mitstreitern" direkt zu.

Frage: Wie wollen Sie das begründen?

Herr Dr.K: Man muß sich doch mal fragen, wie kommt es überhaupt zu diesem Terrorismus? Wie kommt es zu diesen Taten? Wie kommt es, daß Menschen ihr Leben hergeben, um Selbstmordattentate zu verüben, die wir mittlerweile fast täglich auf der ganzen Welt beobachten?

Frage: Haben Sie eine Antwort?

Herr Dr.K: Nein, ich habe keine Antwort. So etwas ist für mich und uns unvorstellbar. Aber eines ist klar: Dahinter muß ein ungeheuerlicher Haß stecken. Und die Art, wie Herr Bush mit diesem Thema umgeht, vermag doch nichts, als diesen Haß zu vervielfachen. Jeder Terrorist, der getötet wird, produziert zwei neue. So wie Bush vorgeht, wird er das Problem nie lösen, er wird es vergrößern. Tag für Tag.

Frage: Das ist klar.

Herr Dr.K: Ja, das ist klar. Das sagen Sie so einfach. Aber Herrn Bush ist das nicht klar. Und allen Menschen, die ihn jetzt wiedergewählt haben, ist es auch nicht klar. Sonst hätten sie ihn nicht wiedergewählt.

Frage: Ja, das ist ein Problem.

Herr Dr.K: Warum fragt sich Herr Bush nicht mal, woher dieser Haß überhaupt kommt? Sicher auch keine einfache Frage. Aber wenn er sich mal in dieser Richtung orientieren würde, würden sich sicher andere Möglichkeiten zeigen. Aber ein solches Vorgehen widerspricht Bushs Naturell. So etwas würde er nie tun. Deshalb ist seine Wiederwahl eine Katastrophe. Und ich prohezeihe Ihnen, daß die Terrorismusgefahr in den nächsten vier Jahren nicht abnehmen wird. Sie wird - ganz im Gegenteil - immer weiter zunehmen. Aber auch das wird Herr Bush nicht erkennen.

Frage: Tragisch, aber das hört sich sehr plausibel an. Mal etwas anderes. Es gibt Stimmen, die behaupten, unter Kerry hätte sich gar nicht so viel geändert.

Herr Dr.K: Ja, die gibt es. Und ich sage Ihnen dasselbe. Nur befürchte ich, in vier Jahren wären wir froh, es hätte sich wirklich nicht viel geändert.

Frage: Wie meinen Sie das?

Herr Dr.K: Nun, leider läßt sich die Zeit nicht zurückdrehen. Den Irak-Krieg zu beginnen, war ein Fehler. Aber dieser Fehler muß jetzt ausgemerzt werden. Auch Herr Kerry hätte nicht so einfach sagen können, es war ein Fehler, wir hören hier auf und gehen nach Hause. Er hätte sich der Herausforderung stellen müssen, um das Kapitel Irak zum guten Ende zu bringen. Zumindest so gut es unter diesen Vorauseetzungen eben geht.

Frage: Da sehe ich keinen Unterschied zu dem, was Bush nun tun wird.

Herr Dr.K: So weit sind wir also derselben Meinung. Wenn Sie allerdings diverse Äußerungen Bushs vor der Wahl ansehen, dann ist das wie ein Blick in die Zukunft.

Frage: Welche Äußerungen?

Herr Dr.K: Er sagte, die USA seien stark genug, um es auch mit dem Iran und Nordkorea aufzunehmen.

Frage: Das hat er gesagt.

Herr Dr.K: Für mich klingt das fast wie eine Kriegserklärung.

Frage: Das wird er doch nicht wagen??!

Herr Dr.K: Ich hoffe es auch nicht. Aber das ist dann doch ein Unterschied zwischen Bush und Kerry. Kerry hätte in Ordnung bringen müssen, was Bush angerichtet hat. Bush wird nun vielleicht noch mehr Unordnung anrichten. Wie gesagt, noch kann man hoffen, daß es nicht so weit kommt. Aber ich traue Bush in dieser Hinsicht alles zu.

Frage: Was ist mit dem riesigen Haushalts-Defizit, das Bush zu verantworten hat?

Herr Dr.K: Das - ehrlich gesagt - ist mir egal. Wenn er sein Land gegen die Wand fährt, wird er nicht gut dastehen vor der amerikanischen Geschichte. Das ist ein amerikanisches Problem, nicht eines der ganzen Welt.

Frage: Und das Kyoto-Protokoll?

Herr Dr.K: Das interessiert mich schon eher. Amerikas Ausstieg war ja eine seiner ersten Taten, nachdem er 2000 an die Macht kam. Hierdurch hat er bereits angedeutet, wohin die Reise geht. Umweltpolitische Themen sind ihm egal. Es ist ihm egal, daß die USA der weltgrößte Energieverschwender ist. Die Hauptsache, es ist genügend Öl vorhanden.

Frage: Herr Dr.K., ich bedanke mich für das Gespräch.

 
Eckart Winkler, Bad Nauheim, 09.November 2004, www.eckart-winkler.de

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